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Ein hydraulischer Widder, Stoßheber, Staudruck-Wasserheber oder „Wasserwidder”, ist eine wassergetriebene, zyklisch arbeitende Pumpe. Der Widder nutzt den Druckstoß oder Staudruck-Effekt, um einen Teil des Wassers, mit dem die Pumpe angetrieben wird, auf ein höheres Niveau zu heben. Er eignet sich besonders für Pumpaufgaben in der Nähe von Fließgewässern mit zum Betrieb ausreichendem Gefälle.

 Ein hydraulischer Widder besteht aus vier Hauptkomponenten:

-       einer Wasserfassung als Vorratsbehälter

-       der Triebwasserleitung mit endständigem Stoß- und Druckventil

-       dem „Windkessel“ als Druckbehälter

-       der daran angeschlossenen Steigleitung

Diese Komponenten bilden zusammen ein schwingungsfähiges System, das nach einmaligem Anstoß selbstgesteuert weiterschwingt, solange für ausreichend Wassernachschub gesorgt ist. Da das System nur zwei bewegliche Teile besitzt (Stoß- und Druckventil) kann die Fertigung kostengünstig erfolgen, die Wartung ist einfach und das Aggregat ist extrem zuverlässig.

Durch eine nicht zu kurze Triebleitung strömt Wasser aus einem Vorratsbehälter, der von einer Quelle oder einem Bach gespeist wird, durch die Triebwasserleitung und tritt an deren Ende durch das Stoßventil (am Widder) aus. Das Stoßventil wird zunächst durch eine Feder oder durch Schwerkraft offen gehalten, bis die Geschwindigkeit der durch die Schwerkraft beschleunigten, austretenden Wassermasse ausreichend groß ist, um das Stoßventil mitzureißen – es schließt schlagartig. Der in der Triebleitung bis dato strömenden Wassermasse wird also abrupt der Ausfluss versperrt. Die Wassermasse reagiert aufgrund ihrer Massenträgheit mit einem gewaltigen Druckanstieg,

 Fließt beispielsweise Wasser mit 3 m/s durch ein 5 m langes Rohr, das innerhalb von 5 ms abgesperrt wird, steigt der Druck kurzzeitig auf 60 bar. Dieser Druckstoß bewirkt zwei Vorgänge:

Das Druckventil zum Windkessel öffnet sich, Wasser strömt von unten in den Windkessel und komprimiert das Luftpolster im oberen Bereich.

Dieser Druckstoß läuft als Stoßwelle mit etwa 1000 m/s (kleiner als die Schallgeschwindigkeit in Wasser, auch rückwärts durch die Treibleitung und bewirkt ein sehr kurzzeitiges "Pendeln" der Wassersäule. Diese Vor- und Rückwärtsbewegungen können in jeder Gas-, Flüssigkeits- oder Festkörpersäule auftreten. Man kann sie auch bei einem Hammer beobachten, der auf dem Amboss abprallt. Als Folge entsteht am Stoßventil einige Male kurzzeitiger Unterdruck (in der nebenstehenden Zeichnung blau gekennzeichnet), der - wichtig für den Dauereinsatz des Widders - durch ein Schnüffelventil bzw. eine kleine Bohrung Außenluft nachzieht. Die Bläschen steigen nach oben, wodurch bei jedem Druckstoß der Luftvorrat im Windkessel nachgefüllt wird.

Druckschwingungen im Treibrohr eines Widders

Dieser maximal auftretende Druckstoß tritt jedoch nur auf, wenn die Schließzeit des Absperrorgans kürzer ist als die Zeit, die der Druck benötigt um zum Einlauf der Triebwasserleitung und wieder zum Verschluss zurück zu gelangen – die sogenannte Reflexionszeit tR der Druckwelle.

 

Das Triebwasser strömt nun solange in den Windkessel ein, bis dessen Gegendruck das Druckventil wieder schließt. Dadurch wird der Triebwasserteil im Windkessel bei gestiegenem Innendruck zurückgehalten. Die Rohrreibung sorgt dafür, dass die Pendelbewegung der Wassersäule schnell abklingt. Das Stoßventil öffnet sich und der Vorgang beginnt von Neuem.

Ein vertrauter Beobachter sieht im Widdersystem also eine schwingende Wassersäule mit einem wassergefüllten, langen und abschüssigen Rohr auf der einen Seite und einem teilgefüllten, voluminösen Druckbehälter mit Luftpolster auf der anderen Seite. Dieses System wandelt also selbsttätig (unter Verbrauch von Triebwasser) eine strömende Wassermenge in eine unter Druck stehende Wassermenge um.

Diese Wassermenge wird über eine Steigleitung angezapft und dem höher gelegenen Verbrauchsort zugeführt. Es lassen sich dadurch Wasserdrücke bis 30 bar erzeugen, die Förderhöhen bis 300 m entsprechen. Typische Gefällehöhen der Triebwasserleitung liegen zwischen 30 cm und 5 m. Experimente haben gezeigt, dass das Verhältnis der Fallhöhe zur Treibleitungslänge zwischen 1:3 und 1:12 liegen sollte. Diese Längen ergeben typischerweise eine Zykluszeit von 1 bis 2 Sekunden.

Mit Hilfe einer Reihenschaltung  mehrerer Widder hintereinander können auch große Förderhöhen erreicht werden. Hierbei sinkt allerdings mit jeder Stufe die Menge des geförderten Wassers, weil nur etwa 10 % des durchfließenden Wassers weitergepumpt werden.

Unter Verwendung sog. „Wildwasserwidder“ lassen sich auch unterschiedliche Wässer für den Widderantrieb und die Wasserförderung verwenden. Der Widder wird hierbei z.B. mit Oberflächenwasser betrieben; das zu pumpende Trinkwasser aus einem Brunnen jedoch ist vom Triebwasser durch eine elastische Membran getrennt. Die Druckstöße des Triebwassers treiben also eine Art aufgesetzte Membranpumpe an.

 

Hydraulische Widder finden sich z.B. in Mitteleuropa heute noch unter anderem an folgenden Orten:

- Hinterbach, Odenwald (funktionsfähig)In Vielbrunn, Odenwald, auf dem Wanderweg zur Geiersmühle, im Jugendstil erbaut und funktionstüchtig.

- Drei weitere funktionsfähige in Oberstdorf (eine neben der Kirche, einer im angrenzenden Oytal, auf halbem Weg von Oberstdorf zum Oytal-Haus und einer auf der Rappenseehütte).

 

- Am Rande des Tagebau-Restlochs Berzdorfer See steht das Wasserschloß Tauchritz auf Eichenpfählen in einem Schlossteich. Im Zusammenhang mit dem Bau eines Flutungsgrabens für den Tagebau wurde im Jahre 2003 eine Anlage, bestehend aus vier Widdern, installiert, um den Wasserstand im Teich zu halten. Mit einer Treibwassermenge von 25 l/s werden 4 l/s (ca. 15 m³/h) um 13 m gefördert. Das überschüssige Treibwasser wird dem Flutungsgraben wieder zugeführt.


Quellenangaben:

Wikipedia